Die Costa Blanca ist bisher vom großen Tauchtourismus verschont geblieben, obwohl auch sie einige Spots zu bieten hat, die in spanischen Taucherkreisen nur hinter vorgehaltener Hand ausgetauscht werden. Der Moraig, ein geheimnisvoller unterirdische Süßwasserfluß, gehört mit seinem spektakulären Höhlenlabyrinth zweifelsohne zu den besten. Niemand konnte bisher seinen Ursprung und das Rätsel um seine Entstehung lösen und in naher Zukunft werden sich auch die Hoffnungen der Plantagenbesitzer, diese Quelle für ihre durstigen Pflanzen nutzen zu können, nicht erfüllen.

Am 21. September 1992 wurde der Moraig für den erfahrenen deutschen Höhlenforscher Bernhard Pack zum Verhängnis und sein Ziel, in dem weitverzweigten Höhlensystem den Süßwasserausstoß zu finden, nahm unerwartet ein tragisches Ende und damit auch die weitere Erforschung des Moraig.

Bis heute ist dieser unterirdisch durch das verkarstete Kalksteingebirge ins Mittelmeer fließende Süßwasserstrom mehr Mythos als Realität. Wenn man den Überlieferungen glauben schenken darf, war bereits den Phöniziern um 1000 v. Chr. der Höhleneingang bekannt. Für ihre langen Seereisen sollen sie ihr Trinkwasser aus dem Moraig geschöpft haben. Doch im Laufe der Geschichte geriet der Fluß immer mehr in Vergessenheit. Übrig blieben Legenden von einer Quelle, die einem unterirdischen Höhlensee entspringt, und einem in der Tiefe der Felsenküste rauschenden nimmerversiegenden Wasserfall.

Anfang der 50iger Jahre begann man wieder systematisch nach dem Moraig zu suchen, denn Wasser wurde immer knapper. Der Grund hatte die Ursache waren die immer geringer werdenden landwirtschaftlichen Erträge aus dem Wein-, Oliven- und Mandelanbau und in der Erwartung eines besseren Profites wurden die vorhandenen mit wenig Wasser auskommenden Trockenkulturen durch durstige Zitrusgewächse ersetzt und noch heute prägen Apfelsinen- und Zitronenplantagen das Bild der Landschaft. Doch die in früheren Jahren getroffene Entscheidung hatte dramatische Folgen und beeinflußte den bereits recht knappen Wasserhaushalt der gesamten Region. Man hatte schlichtweg den großen Durst der Zitrusgewächse außer acht gelassen und in den fetten und regenreichen Jahren völlig außer acht gelassen, daß auch einmal regenarme Zeiten anbrechen könnten. Und diese Jahre kamen, die Kapazitäten der wenigen über das Land verteilten Brunnen und Regenzisternen waren schnell erschöpft und das Land dürstete nach Wasser.

Das Erschließen von alternativen Wasservorkommen wurde immer wichtiger und eine große Hoffnung lag im Moraig. Doch ausschließlich auf Überlieferungen gestützt, blieb die Suche nach seiner Süßwasserquelle auf Jahre hin ohne Ergebnis.

Eloy Parra, ein Pionier des Höhlentauchens in Spanien, entdeckte im Jahre 1974 wieder einmal den schon fast in Vergessenheit geratenen Höhleneingang des Moraig. Doch auch er konnte sein Geheimnis nicht lösen und die Plantagenbesitzer mußten weiterhin auf die erhoffte Wasserquelle warten. So vergingen wieder Jahre und die Lösung der Wasserprobleme war nicht in Sicht. Viele Bauern mußten ihre Anbaugebiete aufgeben und sich fernab der Heimat eine neue Existenz suchen. Heute liegen ehemals kultivierte Flächen brach danieder und verkarsten zusehens.

Im Jahr 1982 versuchten erneut zwei spanische Höhlentaucher ihr Glück. Sie drangen bis zu 260 Meter weit in das unterirdische Höhlenlabyrinth hinein, kamen
aber auch mit leeren Händen zurück. Dem Ursprung des Süßwasserflusses war einfach nicht auf die Spur zu kommen. Angespornt durch ihre Erfolglosigkeit ließen sie nicht locker und stießen immer tiefer in den Berg vor. Tauchgang auf Tauchgang folgte und Mißerfolg reihte sich an Mißerfolg.
Doch eines Tages schlug der Moraig zu, sie mußten ihren Ergeiz, ihre Riskobereitschaft und den selbst auferlegten Zwang, die Quelle des Moraig zu finden, mit ihrem Leben bezahlen.

Nach einigen risikoreichen Bergungsversuchen fand man endlich die beiden Verunglückten. Bis heute ist die Ursache ihres Todes ein Geheimnis des Moraig geblieben und die Antwort auf die Frage, warum der eine Taucher 160 und sein Partner über 470 Meter vom Höhleneingang entfernt gefunden wurde, wird der tödliche Höhlenfluß nicht mehr beantworten. Bernhard Pack, ein deutscher Höhlenforscher, trat nun in Aktion.

In den Jahren 1988 bis 1991 erkundete er in über hundert Tauchgängen systematisch das Höhlenlabyrinth und erreichte schließlich die Marke von 550 Meter. Bisher war noch kein Mensch weiter in diesen unterirdischen Fluß vorgedrungen, doch sein Forscherdrang machte hier nicht halt, Bernhard Pack überschritt diese Marke und stieß in völlig unbekanntes Revier vor. Doch ihm erging es nicht besser als seinen Vorgängern, reines Süßwasser fand auch er nicht. Soweit er auch in die die Tiefe des Berges vorstieß, der Salzgehalt der entnommenen Wasserproben war mit etwa 1 Prozent für eine Plantagenbewässerung nicht geeignet. Anfang September 1992 brach Bernhard Pack völlig enttäuscht seine immer waghalsiger werdenden Unternehmungen ab.

Obwohl die Erreichung des Zieles nicht mehr gegeben, tauchte Bernhard Pack am 21. September 1992 noch einmal in den Moraig hinein, um wenigstens einen kleinen Erfolg für sich verbuchen zu können. Bei seinen etwa hundert durchgeführten Tauchgängen hatte er

zufällig in einem Nebengang eine für ihn unbekannte Krebsart entdeckt, doch dieser wegen höhergesteckter Ziele keine besondere Beachtung geschenkt. Nun war ihre Existenz für ihn wichtig geworden, denn ganz mit leeren Händen wollte er nicht nach Hause kommen und wenigstens einen kleinen Beitrag für die Wissenschaft zu leisten. Um zwei Exemplare aus dem Berg zu holen, mußte Bernhard Pack nochmals 300 Meter in das Flußlabyrinth hineintauchen, eigentlich keine große Angelegenheit und fast nur reine Routine und er ging wieder einmal alleine..

Die Uhr tickte und die Zeit verstrich, jede Minute mußte Bernhard Pack wieder auftauchen, doch der Zeiger der Uhr drehte sich unaufhaltsam und überschritt letztendlich auch die errechnete Tauchzeit. Für das wartende Forscherteam wurde nun zur bitteren Gewißheit der Moraig wird Bernhard Pack nicht mehr lebend herausgeben. Am nächsten Tag läuft eine große Suchaktion an. Bernhard Pack wird nur 200 Meter entfernt vom rettenden Höhleneingang gefunden. Eine Hand hielt verkrampft das Führungsseil umschlossen und die zwei kleinen Krebse trug er bei sich. Sein Preßluftgerät war bis auf den letzten Schluck völlig leergeatmet! Ist dem erfahrenen Höhlentaucher ein Berechnungsfehler unterlaufen, hat er bei der Suche nach den Krebsen die Zeit vergessen oder hat ihm vielleicht ein technischer Defekt das Leben gekostet? Fragen über Fragen, die wohl für immer unbeantwortet bleiben.

Soweit die Geschichten um den Schicksalfluß Moraig und den Menschen, die auf der Suche nach Süßwasser ihr Leben gelassen haben. Höhlentauchen ist bekanntlich nicht jedermanns Sache, doch wen das Höhlenfieber einmal erwischt hat, der kann sich im Moraig den ultimativen Kick holen oder er wird von diesem Höllenfluß ein für alle mal von seiner Krankheit geheilt. Deshalb die dringende Bitte an alle, die unbedingt einmal den Moraig kennenlernen wollen. Schließen sie sich einem geführten Tauchgang mit erfahrenen Höhlentauchern aus einer der örtlichen Tauchbasen, Denia bis Calpe, an. Höhle ist nicht Höhle und der Moraig gehört zu den gefährlichsten seiner Art.


Nachtrag von Roland Glorius 6.04


Nachdem viele Jahre nach dem Unglück von 1992 alle Versuche den Rekord von Bernhard Pack zu knacken, eingefroren waren, wurden deutsch Taucher um die Jahrtausendwende wieder aktiv. Sogar Jens Hilpert reiste an und die Taucher aus Lörrach waren fest davon überzeugt über die 1160 Meter hinauszukommen.

Ich selbst habe viele Tauchgänge in der Höhle unternommen und habe eine gewisse Sachkenntnis. Ich glaube an keine Verbesserung des Rekordes.

Es helfen keine neuen Scooter und kein Bunker von PTG`s im Inneren des Flusses.
Da der Moraig bei 1000 m eine Tiefe von 40 m erreicht, wäre für ein tieferes Eindringen eine Dekopause nötig.

Wegen der Enge können dort keine PTG`s hinterlegt werden. So kam es, dass alle Versuche gescheitert sind.

 

 

 

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